NIS1 vs. NIS2: Was Unternehmen über die erweiterte Sicherheitsrichtlinien wissen müssen

Letztes Update:
20
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03
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2025
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Die Europäische Union hat ihre Cybersicherheitsstrategie durch die Einführung der NIS2-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2555) verstärkt, um digitale Infrastrukturen besser gegen zunehmende Bedrohungen zu schützen. Diese neue Richtlinie ersetzt die bisherige NIS1-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2016/1148) und bringt erhebliche Änderungen mit sich, die Unternehmen kennen und umsetzen müssen.
NIS1 vs. NIS2: Was Unternehmen über die erweiterte Sicherheitsrichtlinien wissen müssen
Die wichtigsten Erkenntnisse
  • Größerer Geltungsbereich: Neben kritischen Infrastrukturen sind nun auch mittelgroße und große Unternehmen aus neuen Sektoren wie Industrie, Chemie, Gesundheitswesen und Transport betroffen.
  • Mehr Verantwortung für die Geschäftsleitung – Führungskräfte müssen Cybersicherheitsmaßnahmen aktiv überwachen und haften bei Verstößen persönlich.
  • Höhere Strafen – Verstöße gegen NIS2 können mit Bußgeldern von bis zu 10 Millionen Euro oder 2 % des weltweiten Umsatzes geahndet werden.
  • Schnellere Meldepflichten – Sicherheitsvorfälle müssen innerhalb von 24 Stunden gemeldet und detailliert dokumentiert werden.
  • Strengere Sicherheitsanforderungen – Unternehmen müssen umfassende Schutzmaßnahmen wie Multi-Faktor-Authentifizierung und Risikomanagementsysteme implementieren.

Entwicklung der NIS1-Richtlinie

Die erste NIS-Richtlinie wurde ins Leben gerufen, um ein Mindestniveau an Cybersicherheit innerhalb der EU sicherzustellen. Sie verpflichtete Betreiber wesentlicher Dienste und digitale Dienstleister, angemessene Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und Sicherheitsvorfälle zu melden. Mit der Zeit wurden jedoch Schwächen in der Umsetzung und Anpassungsbedarf an die sich verändernde Bedrohungslage erkannt.  

Gründe für die Überarbeitung von NIS1 zu NIS2

Die Einführung von NIS2 wurde notwendig, um den gestiegenen Cybersicherheitsanforderungen gerecht zu werden. Die Bedrohungslage hat sich erheblich verändert, und Cyberangriffe haben nicht nur in ihrer Anzahl, sondern auch in ihrer Komplexität zugenommen. Neue Angriffsmethoden wie Ransomware und Angriffe auf Lieferketten machten deutlich, dass NIS1 nicht mehr ausreichte. Zudem waren die Anforderungen innerhalb der EU nicht einheitlich geregelt, was zu Unsicherheiten in der Umsetzung führte. Ein weiterer wesentlicher Grund für die Anpassung war die Notwendigkeit, den Geltungsbereich auszuweiten. Unter NIS1 waren nur bestimmte Sektoren betroffen, während nun auch Unternehmen aus anderen Bereichen wie Gesundheitswesen, Lebensmittelproduktion und IT-Dienstleistungen unter die Richtlinie fallen. Darüber hinaus wurden strengere Meldepflichten und härtere Sanktionen eingeführt, um eine einheitlichere und effektivere Durchsetzung zu gewährleisten. Zudem zeigte die COVID-19-Pandemie die Sensibilität digitalisierter Gesellschaften gegenüber unerwarteten Risiken auf, was die Notwendigkeit einer stärkeren Cyberresilienz unterstrich.  

NIS1 vs. NIS2: Die 5 wichtigsten Hauptunterschiede

1. Erweiterter Geltungsbereich

Die NIS2-Richtlinie erweitert den Anwendungsbereich erheblich. Neben den bereits in NIS1 erfassten Sektoren wie Energie, Verkehr, Bankwesen und Gesundheitswesen, umfasst NIS2 jetzt auch Bereiche wie Weltraum, Top-Level-Domain-Registrare und Vertrauensdiensteanbieter. Diese Ausweitung berücksichtigt die zunehmende Vernetzung und Abhängigkeit verschiedener Branchen digitaler Infrastrukturen.

2. Höhere Sicherheitsanforderungen

Unter NIS2 sind Unternehmen verpflichtet, umfassendere Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren. Dies beinhaltet die Einführung eines Risikomanagements und die Implementierung des Stands der Technik in der IT-Sicherheit. Es ist davon auszugehen, dass bestehende Standards wie der IT-Grundschutz oder die ISO/IEC 27001 nur einen Teil der Anforderungen abdecken, sodass zusätzliche technische und organisatorische Maßnahmen erforderlich sind.

3. Strengere Meldepflichten

Die Anforderungen an die Meldung von Sicherheitsvorfällen wurden unter der Einführung der NIS2-Richtlinie erheblich verschärft. Unternehmen müssen nun innerhalb von 24 Stunden nach Erkennen eines Sicherheitsvorfalls eine erste Meldung abgeben. Innerhalb von 72 Stunden muss ein detaillierter Bericht folgen, der die Ursachen des Vorfalls sowie die ersten ergriffenen Gegenmaßnahmen beschreibt. Ein Abschlussbericht, der alle durchgeführten Maßnahmen dokumentiert, muss spätestens nach einem Monat vorliegen. Diese verschärften Meldepflichten sollen eine schnellere Reaktionsfähigkeit auf Cyberangriffe gewährleisten und eine effektivere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Aufsichtsbehörden ermöglichen.

4. Stärkere Durchsetzung und Sanktionen

Unternehmen, die die neuen Anforderungen nicht erfüllen, müssen mit deutlich härteren Strafen rechnen. NIS2 sieht Bußgelder von bis zu 10 Millionen Euro oder 2 % des weltweiten Jahresumsatzes vor. Zudem erhalten die Aufsichtsbehörden weitreichendere Befugnisse, um Unternehmen zu überprüfen. Dazu gehören unangekündigte Audits und Sicherheitsprüfungen sowie die Möglichkeit, Sofortmaßnahmen anzuordnen. Dies soll sicherstellen, dass Unternehmen die neuen Vorgaben nicht nur formal erfüllen, sondern auch aktiv umsetzen.

5. Verantwortung der Unternehmensleitung

Ein weiteres zentrales Element von NIS2 ist die stärkere Verantwortung der Unternehmensleitung. Geschäftsführer und Vorstände müssen sich aktiv mit den Anforderungen der Cybersicherheit auseinandersetzen. Dazu gehört die Pflicht, regelmäßige Schulungen zu absolvieren und sicherzustellen, dass die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen in ihrem Unternehmen umgesetzt werden. Bei Verstößen gegen die Richtlinie können sie persönlich haftbar gemacht werden. Diese neue Regelung soll gewährleisten, dass Cybersicherheit nicht nur eine technische, sondern auch eine strategische Priorität auf Führungsebene wird.

Welche Unternehmen müssen handeln?

Betroffene Unternehmen sollten frühzeitig prüfen, ob sie unter die erweiterten Regelungen der NIS2-Richtlinie fallen. Insbesondere Unternehmen mit hohem Schutzbedarf – etwa im Bereich IT, Gesundheitswesen oder Automotive – sollten umgehend eine Compliance-Strategie entwickeln. Zu den betroffenen Branchen von NIS2 gehören:

  • IT-Dienstleister und Cloud-Anbieter
  • Finanzsektor, einschließlich Banken und Versicherungen
  • Energieversorgung, insbesondere Strom-, Gas- und Wasserversorger
  • Gesundheitswesen, einschließlich Krankenhäuser und Pharmaunternehmen
  • Transport und Verkehr, einschließlich Bahn, Luftfahrt und Logistikunternehmen
  • Lebensmittelproduktion und -verarbeitung
  • Abfallwirtschaft und Umweltmanagement
  • Behörden und öffentliche Verwaltung mit kritischen digitalen Infrastrukturen

Wichtige Kriterien zur Bestimmung der Betroffenheit sind die Branche, die Unternehmensgröße sowie die Rolle innerhalb kritischer Infrastrukturen. Unternehmen, die personenbezogene oder sensible Daten verarbeiten, müssen sich ebenfalls mit den neuen Anforderungen auseinandersetzen.

Herausforderungen bei der Umsetzung von NIS1 auf NIS2

Die Umsetzung der neuen Anforderungen stellt Unternehmen vor einige Herausforderungen. Dazu gehört die Identifikation, ob das eigene Unternehmen unter die neuen Regelungen fällt, sowie die Einhaltung der erweiterten Sicherheitsanforderungen. Zudem müssen interne Prozesse angepasst werden, um die neuen Meldepflichten fristgerecht erfüllen zu können. Unternehmen, die über komplexe Verbundstrukturen mit mehreren Standorten verfügen, stehen dabei vor besonderen Herausforderungen, da die Einhaltung der Richtlinie an allen Standorten sichergestellt werden muss.

Fazit: NIS2 als Chance für mehr Cybersicherheit

Obwohl die Anforderungen von NIS2 mit erheblichen Herausforderungen verbunden sind, bietet die Richtlinie auch Chancen. Unternehmen, die frühzeitig in ihre Cybersicherheit investieren, können nicht nur hohe Strafen vermeiden, sondern sich auch als verlässlicher Partner im Markt positionieren. Durch die Umsetzung der neuen Sicherheitsmaßnahmen erhöhen sie ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Cyberangriffen und verbessern ihre regulatorische Compliance. NIS2 ist somit nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch eine Gelegenheit, die eigene IT-Sicherheitsstrategie zukunftssicher zu gestalten.

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