Artikel 55 EU-DSGVO: Zuständigkeit
- Jede Aufsichtsbehörde ist für die Erfüllung der Aufgaben und die Ausübung der Befugnisse, die ihr mit dieser Verordnung übertragen wurden, im Hoheitsgebiet ihres eigenen Mitgliedstaats zuständig.
- Erfolgt die Verarbeitung durch Behörden oder private Stellen auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c oder e, so ist die Aufsichtsbehörde des betroffenen Mitgliedstaats zuständig. In diesem Fall findet Artikel 56 keine Anwendung.
- Die Aufsichtsbehörden sind nicht zuständig für die Aufsicht über die von Gerichten im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit vorgenommenen Verarbeitungen.
Kommentar zu Art. 64 DSGVO
Was sagt Art. 64 DSGVO aus?
Art. 64 DSGVO regelt das Stellungnahmeverfahren des europäischen Datenschutzausschusses im Kohärenzverfahren. Ziel sind hierbei gemeinsame Interpretationen in den Mitgliedstaaten, um Fragmentierungen in der Durchsetzungspraxis entgegenzuwirken. Abs. 1 regelt das sog. obligatorische Stellungnahmeverfahren und zählt diejenigen aufsichtsbehördlichen Maßnahmen in lit. a-f auf, für die der Ausschuss Stellungnahme beziehen muss. Diese Maßnahmen unterliegen der Verpflichtung, dem Ausschuss den Beschlussentwurf vorzulegen und dessen Stellungnahme abzuwarten. Nimmt der Ausschuss binnen acht Wochen bzw. 14 Wochen bei Fristverlängerung wegen besonderer Komplexität keine Stellung, ist anzunehmen, dass dem Beschlussentwurf zugestimmt wird (Abs. 3). Legt eine Aufsichtsbehörde trotz ihrer Verpflichtung dem Ausschuss erst gar keinen Beschlussentwurf vor, gilt der Beschluss als rechtswidrig.
Abs. 2 beschäftigt sich mit dem sog. fakultativen Stellungnahmeverfahren. Dies bedeutet, dass das Verfahren nur auf Antrag durchgeführt wird und keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für entsprechende Maßnahmen darstellt. Dabei kann jede Aufsichtsbehörde, die Kommission und der Vorsitz des Ausschusses beantragen, dass eine Angelegenheit mit allgemeiner Geltung oder Auswirkungen auf mehr als einen Mitgliedstaat vom Ausschuss geprüft wird. Die allgemeine Geltung bzw. die Auswirkungen auf mehr als einen Mitgliedstaat müssen auch im Antrag aufgezeigt werden.
Sowohl beim obligatorischen als auch beim fakultativen Stellungnahmeverfahren muss die vorlegende oder antragende Behörde oder Stelle nach Abs. 4 unverzüglich alle zweckdienlichen Informationen elektronisch und unter Verwendung eines standardisierten Formats an den Ausschuss übermitteln. Abs. 4 nennt Beispiele für zweckdienliche Informationen, diese sind jedoch nicht abschließend. Korrespondierend dazu muss auch der Vorsitz des Ausschusses nach Abs. 5 unverzüglich auf elektronischem Wege und unter Verwendung eines standardisierten Formats die Mitglieder des Ausschusses sowie die Kommission über alle zweckdienlichen Informationen, die ihm zugegangen sind, informieren. Zudem muss er die Stellungnahme der vorlegenden bzw. antragstellenden Behörde oder Kommission mitteilen und veröffentlichen (Abs. 5 lit. b).
Nach Abs. 6 wird die zuständige Aufsichtsbehörde in Fällen der obligatorischen Stellungnahme dazu verpflichtet, den Beschlussentwurf, welcher dem Ausschuss vorleget wurde, erst nach Ablauf der Entscheidungsfristen aus Abs. 3 anzunehmen.
Die Stellungnahme des europäischen Datenschutzausschusses entfaltet zunächst keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber der Aufsichtsbehörde, da diese nicht rechtsverbindlich ist. Folgt die Aufsichtsbehörde jedoch der Stellungnahme, muss die zuständige Aufsichtsbehörde nach Abs. 7 dem Vorsitz des Ausschusses zwei Wochen nach Eingang der Stellungnahme mitteilen, ob sie ihren Beschlussentwurf beibehalten oder ändern will. Im Falle der Änderung muss sie den geänderten Beschlussentwurf an den Ausschuss übermitteln. Wenn die Behörde der Stellungnahme nicht oder teilweise nicht folgen will, muss sie dies ebenfalls zwei Wochen nach Eingang der Stellungnahme dem Vorsitz des Ausschusses mitteilen (Abs. 8). In diesem Fall kann jede betroffene Aufsichtsbehörde oder die Kommission das Verfahren der Streitbeilegung (Art. 65 Abs. 1 lit. c DSGVO) einleiten. Wird kein solches Verfahren eingeleitet, darf die Aufsichtsbehörde von der Stellungnahme abweichen. Wie lange die zuständige Behörde auf die Einleitung des Verfahrens warten muss, bevor sie von der Stellungnahme abweicht, wird jedoch nicht geregelt.
Was ist neu?
Neu sind das Kohärenzverfahren (Art. 63 DSGVO) sowie der Europäische Datenschutzausschuss (Art. 68 DSGVO). Während der ehemaligen Artikel-29-Datenschutzgruppe lediglich beratende Funktionen zukamen und ihre Stellungnahmen unverbindlich waren, stehen dem Europäischen Datenschutzausschuss nach der DSGVO verbindliche Entscheidungsbefugnisse zu.
Welche Folgen ergeben sich aus Art. 64 DSGVO?
Mit Art. 64 DSGVO wurde nicht nur die gesetzgeberische Vereinheitlichung harmonisiert, sondern auch der Vollzug des Datenschutzrechts. So soll der freie Verkehr personenbezogener Daten sowie Rechtssicherheit für Unternehmen und betroffene Personen gewährleistet werden.
Bei aufkommenden Fragen rund um das Thema Datenschutz bietet datenschutzexperte.de Ihnen gerne eine individuelle Datenschutzberatung an, z. B. in Form eines telefonischen Beratungsgesprächs.