Artikel 47 EU-DSGVO: Verbindliche interne Datenschutzvorschriften
- Die zuständige Aufsichtsbehörde genehmigt gemäß dem Kohärenzverfahren nach Artikel 63 verbindliche interne Datenschutzvorschriften, sofern diese
- rechtlich bindend sind, für alle betreffenden Mitglieder der Unternehmensgruppe oder einer Gruppe von Unternehmen, die eine gemeinsame Wirtschaftstätigkeit ausüben, gelten und von diesen Mitgliedern durchgesetzt werden, und dies auch für ihre Beschäftigten gilt,
- den betroffenen Personen ausdrücklich durchsetzbare Rechte in Bezug auf die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten übertragen und
- die in Absatz 2 festgelegten Anforderungen erfüllen.
- Die verbindlichen internen Datenschutzvorschriften nach Absatz 1 enthalten mindestens folgende Angaben:
- Struktur und Kontaktdaten der Unternehmensgruppe oder Gruppe von Unternehmen, die eine gemeinsame Wirtschaftstätigkeit ausüben, und jedes ihrer Mitglieder;
- die betreffenden Datenübermittlungen oder Reihen von Datenübermittlungen einschließlich der betreffenden Arten personenbezogener Daten, Art und Zweck der Datenverarbeitung, Art der betroffenen Personen und das betreffende Drittland beziehungsweise die betreffenden Drittländer;
- interne und externe Rechtsverbindlichkeit der betreffenden internen Datenschutzvorschriften;
- die Anwendung der allgemeinen Datenschutzgrundsätze, insbesondere Zweckbindung, Datenminimierung, begrenzte Speicherfristen, Datenqualität, Datenschutz durch Technikgestaltung und durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen, Rechtsgrundlage für die Verarbeitung, Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten, Maßnahmen zur Sicherstellung der Datensicherheit und Anforderungen für die Weiterübermittlung an nicht an diese internen Datenschutzvorschriften gebundene Stellen;
- die Rechte der betroffenen Personen in Bezug auf die Verarbeitung und die diesen offenstehenden Mittel zur Wahrnehmung dieser Rechte einschließlich des Rechts, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling – beruhenden Entscheidung nach Artikel 22 unterworfen zu werden sowie des in Artikel 79 niedergelegten Rechts auf Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde beziehungsweise auf Einlegung eines Rechtsbehelfs bei den zuständigen Gerichten der Mitgliedstaaten und im Falle einer Verletzung der verbindlichen internen Datenschutzvorschriften Wiedergutmachung und gegebenenfalls Schadenersatz zu erhalten;
- die von dem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter übernommene Haftung für etwaige Verstöße eines nicht in der Union niedergelassenen betreffenden Mitglieds der Unternehmensgruppe gegen die verbindlichen internen Datenschutzvorschriften; der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter ist nur dann teilweise oder vollständig von dieser Haftung befreit, wenn er nachweist, dass der Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, dem betreffenden Mitglied nicht zur Last gelegt werden kann;
- die Art und Weise, wie die betroffenen Personen über die Bestimmungen der Artikel 13 und 14 hinaus über die verbindlichen internen Datenschutzvorschriften und insbesondere über die unter den Buchstaben d, e und f dieses Absatzes genannten Aspekte informiert werden;
- die Aufgaben jedes gemäß Artikel 37 benannten Datenschutzbeauftragten oder jeder anderen Person oder Einrichtung, die mit der Überwachung der Einhaltung der verbindlichen internen Datenschutzvorschriften in der Unternehmensgruppe oder Gruppe von Unternehmen, die eine gemeinsame Wirtschaftstätigkeit ausüben, sowie mit der Überwachung der Schulungsmaßnahmen und dem Umgang mit Beschwerden befasst ist;
- die Beschwerdeverfahren;
- die innerhalb der Unternehmensgruppe oder Gruppe von Unternehmen, die eine gemeinsame Wirtschaftstätigkeit ausüben, bestehenden Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der verbindlichen internen Datenschutzvorschriften. Derartige Verfahren beinhalten Datenschutzüberprüfungen und Verfahren zur Gewährleistung von Abhilfemaßnahmen zum Schutz der Rechte der betroffenen Person. Die Ergebnisse derartiger Überprüfungen sollten der in Buchstabe h genannten Person oder Einrichtung sowie dem Verwaltungsrat des herrschenden Unternehmens einer Unternehmensgruppe oder der Gruppe von Unternehmen, die eine gemeinsame Wirtschaftstätigkeit ausüben, mitgeteilt werden und sollten der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden;
- die Verfahren für die Meldung und Erfassung von Änderungen der Vorschriften und ihre Meldung an die Aufsichtsbehörde;
- die Verfahren für die Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde, die die Befolgung der Vorschriften durch sämtliche Mitglieder der Unternehmensgruppe oder Gruppe von Unternehmen, die eine gemeinsame Wirtschaftstätigkeit ausüben, gewährleisten, insbesondere durch Offenlegung der Ergebnisse von Überprüfungen der unter Buchstabe j genannten Maßnahmen gegenüber der Aufsichtsbehörde;
- die Meldeverfahren zur Unterrichtung der zuständigen Aufsichtsbehörde über jegliche für ein Mitglied der Unternehmensgruppe oder Gruppe von Unternehmen, die eine gemeinsame Wirtschaftstätigkeit ausüben, in einem Drittland geltenden rechtlichen Bestimmungen, die sich nachteilig auf die Garantien auswirken könnten, die die verbindlichen internen Datenschutzvorschriften bieten, und
- geeignete Datenschutzschulungen für Personal mit ständigem oder regelmäßigem Zugang zu personenbezogenen Daten.
- Die Kommission kann das Format und die Verfahren für den Informationsaustausch über verbindliche interne Datenschutzvorschriften im Sinne des vorliegenden Artikels zwischen Verantwortlichen, Auftragsverarbeitern und Aufsichtsbehörden festlegen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 93 Absatz 2 erlassen.
Kommentar zu Art. 56 DSGVO
Was sagt Art. 56 DSGVO aus?
Art. 56 DSGVO regelt die Aufsichtsstrukturen für Unternehmen mit grenzüberschreitender Datenverarbeitung und benennt dabei eine federführende Aufsichtsbehörde als zentralen Ansprechpartner (sog. One-Stop-Shop-Verfahren). Grenzüberschreitend ist die Tätigkeit, wenn die Verarbeitung der Daten eines Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters in Niederlassungen in mehr als einem EU-Mitgliedsstaat erfolgt. Nach Art. 56 Abs. 1 DSGVO ist die zuständige federführende Aufsichtsbehörde für solche Verarbeitungen diejenige, welche für die Hauptniederlassung oder die einzige Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters zuständig ist. Dabei können auch unterschiedliche Aufsichtsbehörden für unterschiedliche Verarbeitungstätigkeiten zuständig sein. Auch die Aufsichtsbehörden der Länder kommen in Betracht (§ 19 BDSG-neu).
Nach Abs. 2 ist jedoch jede Aufsichtsbehörde für einen bei ihr eingereichten Verstoß oder eine Beschwerde zuständig, sofern dieser/diese nur die Niederlassung in ihrem Mitgliedsstaat betrifft oder der Verstoß nur Personen aus ihrem Mitgliedsstaat beeinträchtigt. Bei solchen örtlichen Fällen muss nach Abs. 3 unverzüglich die federführende Aufsichtsbehörde über die Angelegenheit unterrichtet werden, sodass diese innerhalb einer Frist von drei Wochen entscheiden kann, ob sie sich selbst mit dem Fall befasst oder nicht. Dabei muss berücksichtigt werden, ob im Mitgliedsstaat der unterrichtenden Aufsichtsbehörde eine Niederlassung des Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiters besteht.
Sofern sie sich mit dem Fall befasst, findet nach Art. 56 Abs. 4 DSGVO das Verfahren der Zusammenarbeit gemäß Art. 60 DSGVO Anwendung und die Aufsichtsbehörde, die den Fall an sie abgibt, darf ihr einen Beschlussentwurf vorlegen. Befasst sie sich nicht mit dem Fall, wird dieser nach Abs. 5 von der unterrichtenden Aufsichtsbehörde bearbeitet, welche dabei auf Amtshilfe nach Art. 61 DSGVO und gemeinsame Maßnahmen nach Art. 62 DSGVO zurückgreifen kann.
Art. 56 Abs. 6 DSGVO sagt aus, dass beim One-Stop-Shop-Verfahren die federführende Aufsichtsbehörde den einzigen Ansprechpartner für Fragen zur durchgeführten grenzüberschreitenden Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter darstellt.
Was ist neu?
Die Zuständigkeitsverteilung bei grenzüberschreitenden Datenverarbeitungen sowie das One-Stop-Shop-Verfahren stellen eine zentrale Neuerung im Datenschutzrecht dar, mit dem Ziel, die Aufsicht für multinational agierende Unternehmen zu vereinfachen.
Was muss getan werden?
Sie als Verantwortlicher oder Auftragsverarbeiter sollten bei grenzüberschreitenden Datenverarbeitungen wissen, welche die zuständige federführende Aufsichtsbehörde für Ihre jeweilige Verarbeitungstätigkeit ist. Wir bieten Ihnen mit unseren Datenschutz-Services eine individuelle Beratung zum Thema Datenschutz und können Ihnen auch bei Problemen mit grenzüberschreitenden Datenverarbeitungen in Ihrem Unternehmen helfen.